Weltkriege
„A Grenz mitt'n durch Leib und Söl“
Kaum ein Ort in der Steiermark scheint prädestinierter als Bad Radkersburg, um sich mit dem Thema „Grenze“ auseinanderzusetzen.
Von alters her ein ethnisches Mischgebiet, trat gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der Region die Nationalitätenfrage mehr und mehr in den Vordergrund. Und damit auch die auf Grund der gesprochenen Sprache erfolgte Zuschreibung der Bevölkerung zu einer bestimmten Nationalität. Galt die Mehrsprachigkeit im Gebiet um Radkersburg über Jahrhunderte hinweg als vollkommen selbstverständlich, trat sie schließlich als trennendes Merkmal in den Vordergrund.
Wo es niemals eine Grenze gab, sollte nach dem Ersten Weltkrieg schließlich eine sein und die Menschen, Familien und Nachbarn, ja eine Stadt und eine ganze Region trennen.
Erster Weltkrieg und seine Folgen
Der Nationalitätenkonflikt eskalierte politisch-militärisch im Ersten Weltkrieg.
War Radkersburg von unmittelbaren Kriegsschäden während des Ersten Weltkriegs noch weitgehend verschont geblieben, so kam es jedoch nach dem Krieg zu folgenschweren Ereignissen. Diese zogen radikale Änderungen nach sich:
Der Friedensvertrag von St. Germain machte Radkersburg zur Grenzstadt und die Mur zu einem Grenzfluss. Radkersburg verlor über 50 Prozent seines Gemeindegebiets und 12 Prozent seiner Einwohner. Die Stadt war nun nicht mehr wirtschaftliches Zentrum einer Region, die weit in die ehemalige Untersteiermark hineinreichte.
Auch der Bezirk reichte natürlich nur mehr bis zur Staatsgrenze.
Radkersburg hatte mit denselben Problemen wie Restösterreich zu kämpfen, sie wurden aber auf Grund der Grenzlage verstärkt.
Die Stadt sollte während der Ersten Republik zu einem Zentrum der „Anschlussbewegung“ werden.
Zweiter Weltkrieg
Im April 1941 wurde Radkersburg für kurze Zeit zum Kriegsschauplatz als Großdeutschland Jugoslawien überfiel.
Danach kam es für längere Zeit zu keinen kriegerischen Handlungen mehr. Am
15. April 1945 marschierten sowjetische Soldaten in Radkersburg ein. Die deutschen Truppen zogen sich in der Folge nach Oberradkersburg/Gornja Radgona zurück. Beim Rückzug sprengten sie die Eisenbahn- sowie die Straßenbrücke über die Mur.
Radkersburg wurde nun von den deutschen Truppen unter Artilleriebeschuss genommen. Als Resultat der nun folgenden heftigen Kämpfe blieben nur vier Häuser der insgesamt 321 unbeschädigt.
Nachkriegszeit
Eine tote Grenze zwischen Österreich und Jugoslawien, wiederauflebende Gebietsansprüche Jugoslawiens, dazu eine periphere geographische Lage und fehlende Industriebetriebe erschwerten die Lage Radkersburgs nach dem Zweiten Weltkrieg zusätzlich zur allgemein schlechten wirtschaftlichen Situation.
Dies alles führte zu einer verstärkten Abwanderung und Pendlerbewegung der Bevölkerung.
Im Jahr 1952 wurde mit Unterstützung der britischen Besatzung eine Behelfsbrücke über die Mur errichtet. Radkersburg und Gornja Radgona waren nun wieder miteinander verbunden. So konnte sich, zwar zunächst nur in bescheidenem Ausmaß, ein Kontakt zwischen den Menschen beiderseits der Mur entfalten.
Mit der Zeit aber entwickelten sich sowohl die Beziehungen zwischen den Staaten Österreich und Jugoslawien als auch zwischen den Städten Radkersburg und Gornja Radgona kontinuierlich.
Die Behelfsbrücke war nach 15 Jahren dem anwachsenden Verkehr nicht mehr gewachsen, deshalb musste eine neue Brücke über die Mur gebaut werden.
Die Wiedereröffnung der Murbrücke am 12. Oktober 1969 als Gemeinschaftswerk Österreichs und Jugoslawiens markierte einen Neubeginn. Die Brücke war Symbol für die Bestrebungen, die alten Konflikte zu begraben und gutnachbarschaftliche Beziehungen aufzubauen.